Der 1003 ha große „Urwald vor den Toren der Stadt“ Saarbrücken liegt eingebettet im mehr als 3000 ha umfassenden Saarkohlenwald, der als „Europäisches Naturerbe“ im Rahmen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und als Vogelschutzgebiet ausgewiesen wurde. Dieses Wildnisgebiet liegt zugleich als grüne Waldachse in Mitten der Gewerbe- und Siedlungsachse der früheren Montanindustrie des Saarlandes. Im Einzugsgebiet des Urwaldes leben 400.000 Menschen, die den Wald als Erholungs- und Erlebnisraum regelmäßig nutzen.
Der im Gebiet geltenden, überwiegenden Potentiellen natürlichen Vegetation (PNV) entsprechend formuliert das Naturschutzziel die Entwicklung „Mesophiler Buchen(ur)wälder auf Karbon“. Hiermit trägt das Saarland mit an der Verantwortung Mitteleuropas für die Erhaltung der in unserer gemäßigten, subatlantischen Klimaregion im Optimum vorkommenden Fagus sylvatica L.. Zwar werden wir erst in 200 – 600 Jahren wieder echte Buchen-Urwälder haben. Aber der Anfang ist heute gemacht.
Gleichzeitig bezeugen im Saarkohlenwald häufig vorkommende, auch oberirdisch anstehende Kohleflöze den vor 350 Millionen Jahren im Saarland stockenden Urwald von früher. Riesige Wälder der Urzeit versanken in den sumpfigen Niederungen der saarländischen Urlandschaft und versteinerten zur energiereichen Kohle. Dem schwarzen Gold unseres Wirtschaftsstandortes. Überwiegend entstehen Wasser speichernde, nährstoffreiche und wüchsige „Saarkohlenlehme“ aus dieser Geologie und gaben dem Saarkohlenwald seinen Namen.
Im Urwaldgebiet findet man daher mit die höchsten Buchen des Saarlandes. Buche und Eiche bilden mit insgesamt 65,5 % die Hauptbaumarten im Revier. Gefolgt von Sonstigen Laubbäumen (15 %) und Edellaubholz (5,1%) bilden alle Laubbäume 85,1 % und einen insgesamt sehr naturnahen Waldaufbau. An den im Saarland eher standortfremden Nadelhölzern hält die Fichte mit 8,7 % den Hauptanteil. Kiefern, Douglasien, Europäische Lärchen und Übriges Nadelholz füllen den Rest.
Da in den Nachkriegsjahren verstärkt Splitter durchsäte Buchen als Brennholz und Möbelholz im Kahlschlagverfahren genutzt wurden und Eichen für Grubenholz aufgeforstet wurden, ist nicht verwunderlich, dass das letzte Forsteinrichtungswerk aus 1999 einen Jungwaldanteil [Jungwuchs (3,5 %), Dickungen (20,2 %), Stangenholz (15,1 %)] von insgesamt 38,8 % ausweist. Ziemlich genau ein Drittel des künftigen Urwaldes besteht heute aus so genanntem „Schwachem Baumholz“, ca. 20 - 25 Meter hohe Bestände. Die aus naturschutzfachlicher Sicht besonders interessanten „Mittleren und Starken Baumhölzer“ haben heute einen Anteil von 27,8 %. Die ältesten Buchen in der Abteilung „Späshügel“ wurden 1820 - vielleicht zur Ehren des in diesem Jahr verstorbenen Barocken Baumeisters Friedrich Joachim Stengel, der die fürstliche Baukunst in Saarbrücken geprägt hat – gepflanzt.
Am 4. Geo-Tag der Artenvielfalt fanden sich auch im Urwaldrevier zahlreiche Forscher und Experten zusammen und durchsuchten den Wald nach allen möglichen Arten. Erwähnenswert sind die Spechtvorkommen im Vogelschutzgebiet. So finden wir hier noch zahlreich Schwarzspechte, und auch einzeln vorkommend den Grauspecht und Mittelspecht. Auch die Hohltaube brütet in einer Spechthöhle und wenn man Glück hat findet man den seltenen Kleinspecht.
Das Urwaldrevier gehört auch sicherlich zu den Jagdrevieren des Wanderfalken, der als Rückkehrer im Saarland sich ein Kohlekraftwerk als Brutbiotop ausgesucht hat. In den Randzonen vermutet man den Roten Milan, für dessen Naturerbe wir in Deutschland und Frankreich ebenso verantwortlich sind, wie für die bei uns häufig vorkommende Sumpfmeise. Der Wespenbussard, vor kurzem noch im Balzflug beobachtet, scheint allerdings kein sicherer Brutvogel im Gebiet zu sein. Der Waldkauz gehört natürlich zu den Urwaldbewohnern. Größere und seltenen Eulen, wie z. B. der Uhu oder der Rauhfußkauz fehlen noch.
Im Urwaldgebiet kommen ca. 150 Moosarten von in Deutschland 250 vorkommenden Arten vor. Aber ein Moos, Dicranum tauricum, kommt ausschließlich im Saarland und im Urwaldgebiet an Buchenstammfüssen vor. Seine besondere Seltenheit in Deutschland begründet sich jedoch mit seiner besonderen Bindung an Industriestäube der Stahl produzierenden Hütten. Da diese Industrie ausstirbt, ist zu erwarten, dass dieses seltene Urwaldmoos ebenfalls akut vom Aussterben bedroht ist.Der Zwerg-Hirschkäfer konnte als vom Aussterben bedrohte Art Deutschlands im Urwald nachgewiesen werden und führt die 700 im Gebiet bekannten und 100 Holz gebundenen Käferarten an. Auch die Rote Liste Arten Kahlrückige Waldameise (Formica polyctena) und Rote Waldameise (Formica rufa) sind sicher im Revier nachgewiesen. Bei den Amphibien ist die im Gebiet vorkommende Gelbbauchunke und der Feuersalamander erwähnenswert.
Spektakuläre Säugetiere wie Luchs, Wolf, Bär und Wisente fehlen im Urwald zwar weiterhin aber unsere kleineren Fledermäuse springen hierfür ein, und die im Gebiet vorkommenden Wildschweine machen sich zahlreich breit und sorgen für ständig fruchtfängigen, umgepflügten Waldboden. Rehwild wird vermutlich durch die große Wildschweinpopulation zurück gedrängt. Füchse sind relativ häufig im Gebiet. Leider wurde der hier heimische Dachs während früherer Begasungsaktionen im Saarkohlenwald ausgerottet und konnte infolge der hermetischen Abriegelung des Gebietes durch Straßen und Siedlungen nicht wieder zuwandern. Biber und Dachs können sich dennoch Hoffnung machen, das Urwaldrevier zurückzuerobern.
Insgesamt gesehen finden wir z. Zt. im Urwaldgebiet wenig spektakuläre Arten und eine eher mittelmässig ausgestatte Biozönose. Dennoch kann man sicherlich von einem typisch deutschen Waldökosystem Deutschlands sprechen. Mit zunehmenden Verwilderungsprozess und wachsender Naturnähe kann ggf. auch mit einer Verbesserung der Artenausstattung gerechnet werden.
Im Gebiet findet keine Einzeljagd mehr statt. Nur zweimal im Jahr wird Wild, während großflächig angelegter, nach neusten jagdwissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden durchgeführter Bewegungsjagden nach WÖLFEL, mit kleinen Stöberhunden aufgebracht und erlegt. Die Universität Göttingen wertet den Jagdverlauf und –erfolg anhand von Schützenbeobachtungen und –dokumentationen aus. Freigegeben sind Rehwild allen Geschlechts und Altersklassen und Schwarzwild mit Ausnahme der führenden Bachen.